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Zeitungskritik zum Konfliktseminar

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Bei Intrige Feindschaft

Andreas Fischer weiß Lösungen für Konflikte in Unternehmen
von Angelika Hoch

Mitarbeiter beschweren sich, weil die Führungskraft den morgendlichen Gruß vergessen hat, der Chef ärgert sich, weil ein Mitarbeiter einen wichtigen Bericht nicht zum vereinbarten Zeitpunkt abliefert, in der Abteilung intrigiert die eine Gruppe gegen die andere: Alltägliche Konflikte am Arbeitsplatz, die manchmal gelöst werden können, oft aber vor sich hinschwelen oder so weit eskalieren, daß eine Lösung unmöglich wird.

Was sind Konflikte, welche Ursachen haben sie und wie können sie behoben werden? Diese Frage standen im Mittelpunkt des zweitägigen Seminars "Konfliktmanagement" unter der Leitung des Diplompsychologen Andreas Fischer, keine Rezepte versprach, sondern Anstöße und Lösungsansätze vermitteln wollte.

Der erste Seminartag beginnt mit einigen theoretischen Darlegungen zum Thema, die in Gruppenarbeit vertieft werden. Unterschiedliche Definitionen von Konflikten werden erarbeitet und deren jeweilige Kennzeichen festgestellt. Um die eigene Einstellung zu Konflikten geht es und die davon abhängigen Verhaltensweisen, die von offener, kooperativer Bereitschaft zur Lösung bis hin zu ängstlichem Verdrängen oder Aggressivitätt reichen können. Ein Rollenspiel folgt, in dem die Gruppe erfährt, daß tödliches Gift im Hotelwasser war, jedoch ein Gegenmittel zur Verfügung steht - allerdings nicht für alle, weshalb einer sterben muß. Ein typischer Verteilungskonflikt also, bei dem die Konfliktlösungsfähigkeiten einer Gruppe gefragt sind.

Durch Zurückhaltung gelingt es Trainer Fischer, die Teilnehmer zu aktiver Beteiligung am Seminargeschehen anzuregen. Die Übertragbarkeit der theoretischen Darstellungen auf den betrieblichen Alltag wird an vorgegebenen und von den Teilnehmern berichteten Fallbeispielen überprüft. Immer wieder werden in diesem Zusammenhang auch bestimmte Sprachgewohnheiten der Seminaristen aufgedeckt, vor allem die Verwendung nichtssagender Floskeln und die "Verkleidung" klarer Forderungen in blumige Konjunktivformulierungen wie: "Ich würde es eventuell gut finden, wenn Sie sich vielleicht bereit erklären könnten, diese Aufgabe zu übernehmen."

Der zweite Tag beginnt mit kurzen Vorträgen des Trainers samt anschließenden Gruppendiskussionen zu den Themen Selbstwertgefühl, Kommunikationsformen, aktives Zuhören, Feedback, Arten von Kritik und körperliche Reaktionen auf Konflikte. Fischer gibt brauchbare Tips zum besseren Umgang mit Konfliktstreß - "Solange Sie körperlich erregt, hören Sie nicht zu!" - stellt mögliche Reaktionen auf die Aggressionen anderer dar und erklärt verschiedene Kommunikationsstrategien, zum Beispiel, wie ein Vorgesetzter einem Mitarbeiterdazu bringen kann, immer wieder Fehler zu machen, so daß dieser schließlich vom Vorgesetzten als schlecht, unzuverlässig oder intrigant dargestellt werden kann.

Bei allen Beispielen verliert der Trainer den roten Faden nicht aus den Augen: "Konstruktive Konfliktlösung erfordert neues Konfliktdenken. Ziel einer kreativen Konfliktlösung ist nicht von vornherein der Kompromiß, sondern der Konsens."

Fazit: Gerade beim Verhaltenstraining ist das Rollenspiel als anwendungsorientierte Lehrmethode besonders geeignet, allerdings nur dann, wenn es vom Trainer gezielt eingesetzt wird, wenn also Inhalt und Absicht des Spiels nicht allein zum Thema passen, sondern auch zu den im Seminar zu beobachtenden Gruppenprozessen. Dies ist Trainer Fischer gut gelungen. Die positiven Teilnehmerkommentare nach Ende des Seminars zeigen, daß Fischer sein wichtigstes Lernziel erreichen konnte, nämlich Anstöße dafür zu geben, wie Konflikte konstruktiv angegangen werden können.



Süddeutsche Zeitung
Nr. 106
Seite V1/1
vom 10/11 Mai 1997